Die Delegation des Europäischen Dialogforums (EDF) der FUEN besuchte am 13. und 14. Dezember Straßburg. Auf dem Programm stand neben wichtigen Gesprächen im Europarat der Besuch der deutschen Minderheit im Elsass im elsässische Kulturzentrum der "René-Schickele-Gesellschaft/ Culture et Bilinguisme". Hier wurden Herausforderungen diskutiert, die mit der Bewahrung des sprachlichen Erbes und der Identität unter den Bedingungen der Nichtanerkennung verbunden sind.
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Deutschsprachige Minderheit in Frankreich
In der FUEN vertreten seit 1957.
Die deutschsprachige Minderheit in Frankreich befindet sich überwiegend in Elsass-Lothringen, im äußersten Osten Frankreichs. Elsass-Lothringen – ein historischer und rechtlicher Begriff – erstreckt sich von der Schweiz bis zum Saarland.
Auf dem Gebiet vom linken Ufer des Rheins bis zur Mosel wohnen 2,5 Millionen Menschen. Vor zwei bis drei Generationen sprachen noch mehr als 95% der Bevölkerung Deutsch und ihre Mundarten. Seit Jahrzehnten wird leider ein starker Rückgang der deutschen Sprache verzeichnet, der in der zentralistischen Politik Frankreichs zu suchen ist. Eine optimistische Aussicht gibt es jedoch: zum 1. Januar 2021 wird die Bildung der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass („Collectivité Européenne d’Alsace“) erreicht und damit erlangt das Elsass wieder ein institutionelles Bestehen.
Seit dem Frühmittelalter sind im Elsass deutsche Dialekte beheimatet. Die Existenz einer zugehörigen deutschen Standardsprache hing von politischen Gegebenheiten ab. Das Französische gewann vor allem zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert an Gewicht. Das hängt vor allem mit der politischen Geschichte zusammen, aber auch partiell mit dem Ansehen, welches das Französische vor allem in der frühen Neuzeit europaweit in Adel und gehobenem Bürgertum genoss.
Nach der Eroberung durch französische Truppen 1639–1681 kam das Französische beispielsweise mit den königlichen Verwaltungsbeamten sowie Einwanderern und Händlern aus Zentralfrankreich ins Elsass. Die überwiegenden Bevölkerungskreise verwendeten weiterhin Deutsch bzw. ihren jeweiligen deutschen oder romanischen Dialekt. Nach der Französischen Revolution änderte sich die Sprachpolitik des französischen Staates, der nun für Frankreich sprachliche Einheit propagierte.
Darüber hinaus fand Französisch vor allem in denjenigen Bevölkerungskreisen Eingang, die mit den Ideen der Revolution sympathisierten. Deutsch bzw. die deutschen Dialekte waren nun Teil einer Entwicklung zu partieller Zweisprachigkeit. Zu Reichslandzeiten (1871–1918) wurde die "Sprachenfrage" in einem Gesetz vom März 1872 zunächst so geregelt, dass als Amtssprache grundsätzlich Deutsch bestimmt wurde. In den Landesteilen mit überwiegend französischsprachiger Bevölkerung sollte den öffentlichen Bekanntmachungen und Erlassen jedoch eine französische Übersetzung beigefügt werden.
Die französische Sprachpolitik zwischen 1918 und 1940 war ziemlich restriktiv. In Schulen und Verwaltungen wurde ausschließlich Französisch zugelassen, zeitweise wurde bei Verstoß verboten Deutsch bzw. Dialekt zu sprechen. Die Sprachpolitik der deutschen Nationalsozialisten (1940–1945) war rücksichtslos an deren Ideologie angepasst. Sogar Vornamen wurden umgewandelt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich die französische Sprachpolitik der Vorkriegszeit verstärkt fort. Seitdem ist Französisch alleinige Amts- und Verkehrssprache. Ausnahmen hiervon macht die Mehrheit der älteren Generation, die teilweise noch auf Deutsch bzw. im deutschen Dialekt kommuniziert. Die jüngeren Generationen, insbesondere in den größeren Städten sprechen fast ohne Ausnahmen lediglich Französisch.
In der politischen Debatte um den Erhalt des Deutschen bzw. deutscher Dialekte ("Elsässisch") ist eine eindeutige Präferenz zugunsten der Dialekte und gegen das Standarddeutsche gesetzt worden. Man orientiert sich also weniger an Modellen wie der Schweiz, wo Mundart und zugehörige Standardsprache nebeneinander existieren (Diglossie), sondern mehr an Modellen wie in Luxemburg, wo der Dialekt gegenüber der zugehörigen Standardsprache höher bewertet wird und sogar zur Schriftsprache ausgebaut wird. So hat man sich beispielsweise in Straßburg im Zusammenhang mit der Dokumentation der ehemaligen deutschen Straßennamen auf Straßenschildern nicht für Standarddeutsch, sondern für die Straßburger Mundart entschieden.
Das Problem bei der Höherbewertung der Dialekte gegenüber der deutschen Standardsprache ist, dass auch im Elsass Mundarten regional und sozial starke Unterschiede aufweisen. Durch die starken Assimilationstendenzen ist es heute fast soweit, dass Personen unter 30 Jahren kein Deutsch mehr sprechen. Dies liegt vor allem daran, dass es seit langem keinen deutschsprachigen Unterricht auf Muttersprachniveau gibt.
Im Jahre 1918 wurde das Französische in allen Schulgattungen intensiv betrieben und zur Unterrichtssprache erklärt. Ab dem Jahr 1952 wurde Deutsch nur noch fakultativ unterrichtet. Durch die Verordnung von 1952, wonach Deutschunterricht gegeben werden soll, ist nur die Rede von elsässischen, nicht aber von lothringischen Dialekten. Somit wird der vorgesehene Deutschunterricht in Lothringen nicht erteilt. So gilt auch in den höheren Schulen der Deutschunterricht nicht als Pflichtfach.
Seit 1990 gibt es aber auf Eigeninitiative der Eltern (ABCM-Zweisprachigkeit) zweisprachige Kindergärten. In der Volksschule gibt es einige Stunden pro Woche Deutschunterricht. Seit 1992 gibt es Experimente, zweisprachige Klassen zu führen. Es werden auch spezielle Sprachkurse für Lehrer und Eltern angeboten. In den Schulen wird Deutsch überwiegend als Fremdsprache unterrichtet. Bilinguale Schulen, in denen der Unterricht teilweise auf Deutsch gehalten wird, wurden im September 2003 von 13.000 Schülern besucht. Nach Angaben des in Straßburg ansässigen "Amts für Sprache und Kultur im Elsass" (Office pour la Langue et Culture d´Alsace - OLCA) sprechen noch 600.000 Menschen "Elsässisch" (ca. 34,6 % der Bevölkerung), vor allem im ländlichen Raum, in Dörfern und kleineren Städten.
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Der Volksbund ist seit jeher auf dem kulturellen und sprachlichen Gebiet tätig. Er wirkt beim Umweltschutz und der Anti-AKW-Bewegung mit. Er führt die politische und soziale Auseinandersetzung an und setzt sich dabei unter anderem für die Etablierung von freien Radiosendern, Beteiligung an den Wahlen durch Kundgebungen und öffentliche Auftritte sowie die Gründung von deutschsprachigen Schulklassen ein. Ziel ist das Selbstbestimmungsrecht für die Elsass-Lothringer in einem föderalen Europa der Völker und Regionen.