Tag der Russlanddeutschen am 28. August: Erinnerung an Deportation und Entrechtung

Jedes Jahr am 28. August erinnern die Russlanddeutschen an den dunkelsten Tag in ihrer jahrhundertelangen Geschichte: Vor nunmehr 83 Jahren, am 28. August 1941, als Reaktion auf den Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion, erließ der Oberste Sowjet einen folgenschweren Erlass – den sogenannten Ukas Nr. 21/160 „Über die Umsiedlung der im Wolgagebiet ansässigen Deutschen“. In dessen Folge wurden rund 900.000 Russlanddeutsche aus der Wolgaregion – aber auch aus der östlichen Ukraine, dem Kaukasus und weiteren Gebieten – in die unwirtlichen Regionen Sibiriens und Zentralasiens deportiert. Etwa 350.000 Menschen wurden dabei in Arbeitslager verschleppt, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen schuften mussten. Mindestens 150.000 von ihnen fanden den Tod – durch Hunger, Kälte oder die brutalen Arbeitsbedingungen.

Diese Deportationen bedeuteten nicht nur den Verlust der Heimat, sondern auch den Verlust grundlegender Rechte und Freiheiten. Die Russlanddeutschen standen unter strenger Aufsicht und Kontrolle der sowjetischen Behörden. Sie durften ihren Wohnort nicht ohne Erlaubnis der zuständigen Kommandantur verlassen, und jede Überschreitung der Kreisgrenzen wurde hart bestraft – oft mit bis zu 20 Jahren Haft. Laut Erlass des Obersten Sowjets von 1948 waren die Deutschen „auf ewige Zeiten verbannt und der Sonderkommandantur unterstellt“, was die Entrechtungspolitik der Sowjetunion auf die Spitze trieb.  

Erst nach Josef Stalins Tod im Jahr 1953 und der diplomatischen Annäherung zwischen Bonn und Moskau wurde die Situation der Russlanddeutschen etwas besser. 1955 hob der Oberste Sowjet einige Beschränkungen auf, erlaubte Bewegungsfreiheit und Besuche von Verwandten, jedoch ohne Rückkehrrecht in die alten Heimatorte oder Rückerstattung des verlorenen Eigentums. Diese Bestimmungen wurden 1972 weiter gelockert.

Ende der 1970er-Jahre gab es etwa zwei Millionen Russlanddeutsche in der UdSSR. Infolge der Auswanderungswellen der 1980er- und 1990er-Jahre reduzierte sich ihre Zahl jedoch erheblich. Heute leben noch mehrere Hunderttausend Deutsche in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, vor allem in Russland, Kasachstan und der Ukraine. Zahlreiche Selbstorganisationen setzen sich für den Erhalt ihrer Kultur und Identität ein.

Bereits Anfang der 1990er-Jahre hatten die Volksdelegierten der Russlanddeutschen beschlossen, jedes Jahr am 28. August den Tag ihrer Deportation mit Gedenkveranstaltungen zu begehen. An diesem „Tag der Erinnerung und Trauer“ wird der Opfer gedacht, die ihr Leben verloren haben, und der Überlebenden, die unter schwierigsten Bedingungen einen Neuanfang wagen mussten. Der Tag ist ein Mahnmal gegen das Vergessen und zugleich ein Symbol für den Willen der Russlanddeutschen, ihre Identität, Kultur und Gemeinschaft zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Wer mehr über den 28. August 1941 und seine Folgen erfahren möchte, dem empfehlen wir einen Artikel im Karpatenblatt, der zum 80. Jahrestag der Deportationen im Jahr 2021 erschien: https://karpatenblatt.sk/trauertag-der-russlanddeutschen/

 

Fotos entnommen aus: https://karpatenblatt.sk/trauertag-der-russlanddeutschen/